Tipps zur Überwindung von Unsicherheit für Führungskräfte
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6. Januar 2021Das positive Gefühl der Dankbarkeit ist seit Menschengedenken bekannt, doch die moderne Psychologie hat es erst im ausgehenden 20. Jahrhundert zum Forschungsgegenstand erhoben. Möglicherweise liegt das daran, dass sie sich überwiegend mit Problemen und nur wenig mit dem Glück beschäftigt – unter anderem mit dem glücklichen Gefühl der Dankbarkeit.
Tiefe Wurzeln der Dankbarkeit
Alle Weltreligionen räumen der Dankbarkeit einen nicht unerheblichen Platz ein, die antiken Denker (so die Stoiker) nahmen sie in ihre Schulen auf. Die Moralphilosophie behandelte sie im 18. Jahrhundert (u.a. Adam Smith 1759: „Theorie der ethischen Gefühle“).
Schon immer wussten Menschen die Dankbarkeit zu schätzen, und zwar umso mehr, je schlechter es ihnen erging. Grobe Undankbarkeit könnte daher eher satten, hedonistischen Gesellschaften entspringen, denen gut nie gut genug ist. Wer aber häufiger von Katastrophen heimgesucht wird oder diese erfahrungsgemäß zu erwarten hat, ist auch gegenüber kleinen Freuden viel dankbarer.
So erging es beispielsweise den Stoikern um Seneca (4 v. Chr. – 65 n. Chr.) und Epiktet (50 – 135 n. Chr.): Sie lebten in einer per se bedrohlichen Welt und erfanden als Erfolgsrezept für das Glück, einfach weniger Gutes und mehr Schlechtes zu erwarten, als durchschnittlich anzunehmen war. Wenn es dann besser lief, konnten sie wirklich dankbar sein.
Dankbarkeit und Dankesschuld
Dankbarkeit kann sich gegen Organisationen oder Institutionen (bis hin zum Staat), aber auch gegen Menschen richten. Sie ist ab dem Punkt, ab dem sie relativ eng personalisiert auftritt (Dankbarkeit für ein Geburtstagsgeschenk des Kollegen), mit dem Gefühl der Dankesschuld verknüpft und sollte doch von diesem abgegrenzt werden. Das ist bedeutsam für die Psychologie, denn dankbar sind wir einfach so, während uns die Dankesschuld verpflichtet (den Kollegen ebenso zu seinem Geburtstag zu beschenken).
Pure Dankbarkeit ist daher pure Freude, während Dankesschuld so negativ wahrgenommen werden kann (nicht muss), dass der Beschenkte dem Schenker in Zukunft aus dem Weg geht und/oder ihm das Gegengeschenk eher zähneknirschend überreicht. Thematisiert wird das unter anderem in der Sitcom „Big Bang Theory“, in welcher sich der Hauptprotagonist und geniale Sonderling Sheldon Cooper lange weigert, Geburtstage zu feiern, weil er meint, die gegenseitig zu gewährenden Geschenke in Dollar und Cent ausrechnen zu müssen – so verpflichtend seien sie.
Die „normale“ Gesellschaft hat sich mit Dankbarkeit und Dankesschuld arrangiert, hält die Geburtstags-, Weihnachts- und Osterrituale überwiegend ein, meist ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. Generell wird ein unerwartetes, ohne jede Verpflichtung zur Gegenleistung gewährtes Geschenk (oder eine kleine Hilfsbereitschaft) außerhalb der gesellschaftlich etablierten Geschenk-Rituale umso dankbarer angenommen.
Allerdings ist dieses dankbare Annehmen von Geschenken oder Leistungen für viele eine große Herausforderung. Manche Menschen können nur Dankesschuld, kaum aber reine Dankbarkeit empfinden. Sie vergelten daher grundsätzlich alle Geschenke und Leistungen. Damit erzeugen sie eine erneute Dankesschuld beim Gegenüber und lassen damit eine toxische Beziehung entstehen – leider. Wären sie doch einfach nur dankbar gewesen!
Was bewirkt reine Dankbarkeit?
Reine Dankbarkeit ohne das Gefühl, einer Dankesschuld verpflichtet zu sein, weckt große moralische und soziale Gefühle. Das lässt sich am besten mit einem Beispiel verdeutlichen: Jemand gerät in eine Notlage (zum Beispiel als Reisender oder Wanderer) und erhält Hilfe von einer unbekannten Person, mit der anschließend keine Personalien getauscht werden.
Die Hilfe zu vergelten (und damit die Dankesschuld abzuleisten) ist also nicht möglich. Der Empfänger kann bei seinem tiefen Gefühl der reinen Dankbarkeit bleiben. Dies verleitet ihn in Zukunft dazu, anderen Menschen ebenso uneigennützig zu helfen – womöglich als anynomer Spender an Hilfsorganisationen. Dieses Phänomen ist weiter verbreitet, als es uns bewusst ist und zwar deshalb, weil es sich naturgemäß im Verborgenen abspielt. Hier spielt die Dankbarkeit ihren größten Trumpf des Altruismus aus.
Warum sollen wir dankbar sein?
Dankbarkeit ist mithin ein wichtiger sozialer Kitt, doch wir sollten sie nicht unter dem Nutzenaspekt betrachten. Vielmehr bereichert sie einfach unser Leben und trägt wesentlich zu einem gesünderen und glücklicheren Dasein bei. Es genügt, für einen sonnigen Tag dankbar zu sein, um auch gegenwärtige Katastrophen emotional besser zu überstehen.
Quellen: