Gleichgesinnte
2. August 2023Wieder ein „Leben gerettet“
1. März 2024Seit Beginn des Jahres 2024 nehme ich an einem „Jahr mit Pema Chödrön“ teil. Pema Chödrön (* 1936 als Deirdre Blomfield-Brown in New York City) ist eine US-amerikanische buddhistische Nonne und Schriftstellerin und war die erste Amerikanerin, die zur Leiterin eines tibetisch-buddhistischen Klosters ernannt wurde (Wikipedia)…
Jeden Sonntag erhalte ich Texte aus einem ihrer Bücher, die aufeinander aufbauen und immer wieder bin ich erstaunt, wie sehr diese Texte genau zu NAIKAN passen. Genau genommen ist das nicht wirklich verwunderlich, denn auch Naikan ist ja im buddhistischen Kontext entstanden. Die Weisheiten, die vermutlich noch viel weiter zurückreichen als zu Siddharta Gautama, sind schlicht universell, immer wieder tief berührend und sie stecken in jedem von uns.
Einfache Wahrheiten
Sie sind einfach, diese Wahrheiten. Und in ihrer Einfachheit berühren sie ETWAS in mir, das in der hektischen Eintönigkeit und Überfülle des Alltag keine Aufmerksamkeit findet. Etwas, das Zeit braucht und Stille und den Wunsch, hinzuschauen, hinzuhören, hinzuspüren, etwas, das AUS-Zeit braucht, Rückzug. Etwas, das während eines Naikan Retreats die allermeisten Menschen (wieder) entdecken lässt. Und das dazu führt, dass sie am Ende der Woche in tiefer, demütiger Dankbarkeit Abschied nehmen von ihrem Übungsplatz, von der Zeit der Innenschau. Dieses Etwas lässt sie voll Zuversicht und mit neuem Lebenswillen, neuer Lebenskraft in eine Zukunft gehen. Häufig ist diese dann geprägt ist von mehr Verständnis und mehr Nachsicht für die Menschen im Umfeld und für sich selbst. Zumindest für eine Weile hält diese neue Kraft an. Bis die Überfülle des Alltags wieder beginnt, diese so außergewöhnliche Erfahrung zuzudecken; wie der Staub unweigerlich sich auf alles legt, das nicht regelmäßig gereinigt wird.
Ehrliches Hinsehen ist nötig
Voraussetzung für den Weg sowohl in Pema Chödrön’s Buch „Den Sprung wagen“ als auch in einer Naikan Woche ist neben dem Rückzug ohne Kontakt zur Außenwelt die Bereitschaft, das eigene Tun ehrlich anzusehen, sich also gleichsam sich selbst zu stellen. Es verlangt Mut und Entschlossenheit, die eigenen Handlungen derart zu betrachten und doch ist es unumgänglich, um das zu erreichen, was Pema Chödrön so passend beschreibt:
„Wenn man erst einmal sieht, was man tut, wie man abhängig wird und wie man sich mitreißen lässt, ist es schwer, arrogant zu sein. Diese ehrliche Anerkennung macht einen weich, macht einen demütig im besten Sinne. Sie beginnt auch, Ihnen Vertrauen in Ihre fundamentale Gutartigkeit zu geben.
Wenn wir uns nicht von der Intensität unserer Emotionen blenden lassen, wenn wir uns ein wenig Raum gönnen, eine Chance für eine Lücke, wenn wir innehalten, dann wissen wir auf natürliche Weise, was zu tun ist. Wir beginnen aufgrund unserer eigenen Weisheit, uns in Richtung Loslassen und Furchtlosigkeit zu bewegen. Aufgrund unserer eigenen Weisheit hören wir allmählich auf, Verhaltensweisen zu stärken, die nur noch mehr Schmerz in die Welt bringen.“ (Den Sprung wagen)
Die Frage des SEINs liegt im TUN
Oft fragen Menschen: „Wer bin ich?“ und erforschen unaufhörlich ihre Gedanken und Gefühle, als seien sie genau das: ein Produkt ihrer Gedanken und Gefühle. Dabei weiß im Grunde jede/r von uns, dass Gedanken und Gefühle sind wie der Wind. Sie kommen und gehen, ohne unser Zutun und ohne sie kontrollieren zu können. Wie zuverlässig kann also ein Dasein sein, das sich auf die Annahme stützt: Ich bin meine Gedanken und Gefühle? Sich darauf zu konzentrieren kann nur zu Zweifel, Verwirrtheit, Unzufriedenheit und Ruhelosigkeit führen. Diese machen sich immer mehr auch in krankheitsbedingten Fehltagen bemerkbar.
Hören wir also auf, uns selbst Wahrheiten einzureden, die für uns nicht wahr sind. Hören wir auf, Rollen zu spielen, die nicht unsere sind, zu leben, was wir nicht sind. Erst dann kann sich das gesamte Potential, das in uns steckt, entfalten. Und wir zu dem Wesen werden, das wir wirklich sind.
Auszeit – für Ihre Gesundheit
Laut „Zeit online“ geben die mitgliederstärksten Krankenkassen für 2023 einen Rekord an Krankmeldungen bekannt. Im Schnitt seien pro Arbeitnehmer rund 20 Krankentage zu verzeichnen. Dabei gelten psychische Erkrankungen nach grippalen Infekten bereits als zweithäufigste Ursache. Was kein Wunder ist: Die heutigen Anforderungen durch Technik, Umwelt, Wirtschaft und Politik sind immens. Und die Geschwindigkeit, mit der das tägliche Leben bewerkstelligt werden will, gleicht der Fahrt mit einem Hochgeschwindigkeitszug. Ständig wird uns suggeriert – oder tun wir das zu einem guten Stück weit auch selbst? – dass wir mithalten, mitkonsumieren, über alles informiert sein MÜSSEN. Doch ganz offensichtlich ist unsere Körper-Geist-Seele-Einheit dafür nicht wirklich geschaffen -> wir werden krank!
Stille und Eintauchen in Erinnerungen
Und jetzt stellen Sie sich bitte vor, Sie steigen einfach aus! Stoppen Ihre Fahrt an einem idyllischen Ort und entschließen sich für einen Rückzug in die Stille. Sie hören das Zwitschern der Vögel, das rauschen des Windes, der durch die Bäume streicht. Der Geruch frisch gemähten Grases dringt in Ihre Nase und mischt sich mit dem Duft von Wiesenkräutern, Tannen und Buchen.
An diesem Ort warten freundliche Menschen auf Sie, die Sie mit allem versorgen. Unaufdringlich, fürsorglich begleiten sie Sie auf einer Reise durch Ihre Vergangenheit. Sie brauchen nichts weiter tun, als Ihre Erinnerungen zu betrachten. Eine nach der anderen wird aufgerufen, beleuchtet und darf sich gereinigt wieder an einem passenden Platz ablegen.
Das ist Naikan und so einfach es klingt, ist es auch – Sie brauchen „nur“ die Entscheidung zu treffen: Jetzt ziehe ich mich zurück, um dem ETWAS in mir zu lauschen, es zu sehen, zu spüren, um endlich wieder Zuversicht, Lebensfreude und Kraft zu spüren!
Firmen beteiligen sich an Kosten
Aus guten Grund (siehe „Krankentage“) gibt es immer mehr Firmen, die ihren MitarbeiterInnen die Kosten für ein Seminar erstatten. Zum eigenen Nutzen: Mitarbeiter, die sich aus dem Alltag zurückziehen, um wieder Kraft zu schöpfen, tun ohne Frage etwas für die eigene Gesundheit. Und das kommt auch der Firma zugute – Fragen kann sich also lohnen:-)