Radikal positive Veränderung
12. Mai 2021Autowäsche oder Denkarium
4. Dezember 2021„Ich habe so viele Menschen schlecht behandelt in meinem Leben – warum bin ich so?“ fragt ein Teilnehmer verzweifelt während einer Naikan Woche. Am Ende der Woche geht er befreit und glücklich nach Hause. Die Erkenntnisse, die er gewinnen konnte, werden ihm – nach eigener Aussage – für den Rest seines Lebens einiges erleichtern.
Alle Emotionen gehören zu uns
„Schlecht“ zu sein gehört zum Leben – es ist Teil unserer Persönlichkeits-Struktur. Gier, Habsucht, Kontrollzwang, Neid, Wut und viele mehr – jede/r von uns trägt alle möglichen Eigenschaften in sich, die sich bei jedem/r in ganz individuell verschiedenen Ausprägungen äußern. So ist die Frage „warum bin ich so?“ nicht hilfreich, denn sie lädt dazu ein, einen Grund bei anderen, also im Außen zu suchen. Das wiederum kann dazu führen, dass wir gar nicht erst auf die Idee kommen, die nützlichere Frage zu stellen: „Wie kann ich an diesen Schattenseiten arbeiten?“ – und das können Sie.
Den eigenen Anteil erkennen
Haben Sie das Gefühl, ständig ins Fettnäpfchen zu treten? Verzweifeln Sie fast an Ihrem Unvermögen, harmonische Beziehungen zu führen? Schämen Sie sich oft für Ihre Unbeherrschtheit und für Dinge, die Sie sagen oder tun? Suchen Sie die „Schuld“ an allem, was in Ihrer Umgebung schief läuft, in erster Linie bei sich?
Es ist generell kein Fehler, die Verantwortung für Schwierigkeiten, die in unserem Umfeld entstehen, bei uns zu suchen. Besser ausgedrückt: Es ist sogar gut, sich den eigenen Anteil an Schwierigkeiten bewusst zu machen! Das Problem dabei ist, dass wir es oft nicht schaffen, den eigenen Anteil objektiv herauszuarbeiten. So fühlen wir uns hin- und hergerissen zwischen Schuldzuweisung an andere und Selbstzerfleischung.
Sich nicht jeden „Schuh anziehen“
Wenn sie darüber nachdenken, welche Schwierigkeiten sie in ihrem Leben bereitet haben, denken viele Menschen z.B. an die Reaktion der Eltern auf ihre Berufs- oder Partnerwahl, an Streitigkeiten mit KollegInnen und/oder Vorgesetzten, an Probleme in der Partnerschaft, mit Kindern und so weiter.
Meist steckt das unbestimmte Gefühl dahinter, etwas „falsch“ gemacht zu haben oder gar als Persönlichkeit falsch zu sein. Selten können Menschen konkret ihren eigenen Anteil an Unstimmigkeiten, Streitereien und Problemen benennen. Doch das ist essentiell wichtig, um an sich arbeiten zu können.
Dass die Eltern mit der Wahl unseres Studiums, Berufs, Partners und so weiter nicht immer einverstanden sind, ist natürlich und nachvollziehbar, jedoch nicht wirklich unser Problem. Wir haben das Recht, unser Leben selbstbestimmt zu leben und Beruf und Partner unseren Neigungen gemäß zu wählen. Häufig jedoch kommt es wegen dieser Themen zu Auseinandersetzungen, in denen wir uns hinreißen lassen, den Eltern respektlos und aggressiv zu begegnen. Statt sich die Argumente der Eltern für das eine und gegen das andere Studium (Beruf, Partner…) in Ruhe anzuhören und vernünftig die eigenen Argumente darzulegen, streiten wir und sagen Dinge wie: „Das geht euch nichts an, mischt euch gefälligst nicht ein, das ist mein Leben…“ Manche brechen sogar ganz den Kontakt zu den Eltern ab und erkennen nicht, dass sie damit die eigenen Wurzeln kappen – was sich oft über Generationen erstreckt.
Ja, klar, die Eltern sollten als Erwachsene die Klügeren (gewesen) sein – ein immer wieder gern genommenes Argument. Aber wollten Sie nicht an SICH arbeiten, um Ihr latentes Gefühl der Schuld, des Versagens zu überwinden? Dann hilft es nichts, den Anteil der Eltern zu betonen oder des Chefs, Kollegen, Partner… Stellen Sie sich der Tatsache, dass auch Sie sich in dieser Situation falsch verhalten haben! Möglicherweise entdecken Sie sogar ein Muster – vielleicht reagieren Sie auf Kritik generell schnell wütend und aggressiv.
Schaffen Sie es jedoch, Ihren Anteil klar zu erkennen und können sagen: „Ich habe meine Eltern bei dem Streit beleidigt.“, wird aus dem unbestimmten Gefühl „etwas“ falsch gemacht zu haben die Gewissheit, was Sie falsches Gesagt haben. Daran können Sie in Zukunft bei ähnlichen Situationen arbeiten.
Schwierigkeiten klar erkennen
Das ist wohl die größte Herausforderung, bei diesem Thema: Die Schwierigkeiten, die Sie selbst verursacht haben, klar erkennen zu lernen. Je mehr Sie sich darin üben, Ihren eigenen Anteil an einer Situation zu erkennen, desto schneller können Sie in Zukunft reagieren. Die Kunst dabei ist, die echten Schwierigkeiten von unnötigen Schuldgefühlen zu unterscheiden:
Z.B. ist keine Lust auf Sex zu haben keine Schwierigkeit, die ich meinem Partner verursache, sondern eine einfache Tatsache. Die Art und Weise, wie ich das vermittle – oder auch nicht vermittle – führt zu den Schwierigkeiten, die ich bereite. Weise ich den Partner brüsk ab, täusche etwas vor oder provoziere gar einen Streit (Vorwürfe…), um sexuellen Kontakt zu vermeiden, bereite ich Schwierigkeiten. Denn durch die brüske Abweisung oder einen Streit stoße ich den Partner vor den Kopf. Täusche ich etwas vor, verhindere ich die offene, konstruktive Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass ich keine Lust habe. Öfter oder generell keine Lust zu haben kann auf ein ernsthaftes Problem in der Partnerschaft hinweisen, das mit dem Partner besprochen werden sollte.
KollegInnen nicht zu mögen ist Ihr gutes Recht. Das ist ein natürliches Gefühl, das aus Ihrer ganz individuellen Persönlichkeits-Struktur entsteht. Das Gefühl an sich ist also keine Schwierigkeit, die Sie bereiten. Sie jedoch deswegen zu ignorieren, ihnen wichtige Informationen vorzuenthalten, sie vor anderen bloßzustellen etc. sind Aktionen, die nicht sein müssen. Diese können auch als Mobbing gewertet werden und fallen definitiv unter die Schwierigkeiten, die Sie bereiten.
Unnötige Schuldgefühle entstehen, wenn ich unreflektiert alles, was um mich herum an Negativem geschieht, auf mich beziehe. Dabei unterscheide ich nicht von Situationen, zu denen ich selbst aktiv beigetragen haben und jenen, für deren Entstehen ich nicht verantwortlich bin.
Reflektiere ich jedoch unangenehme Situationen und arbeite meinen Eigenanteil daran heraus, kann ich aktiv an einer Verbesserung arbeiten. Dadurch erlebe ich die Freiheit, bewusster mit Krisensituationen umzugehen oder sie erst gar nicht entstehen zu lassen.
Wie umgehen mit Emotionen?
Negative Emotionen nicht immer ausleben
Nicht, dass wir negative Emotionen ganz verschwinden lassen können – das wäre gegen Windmühlen kämpfen. Aber wir können daran arbeiten, wie wir mit negativen Gefühlen umgehen. Wir können an unserem Tun, unseren Handlungen arbeiten. Überfällt uns beispielsweise die Gier auf Süßes, können wir uns angewöhnen, ein Glas Wasser zu trinken, oder kurz eine Runde vors Haus zu gehen, bevor wir der Gier nachgeben.
Oder kommt bei einem Gespräch Wut hoch, können wir bis 10 Zählen oder ebenfalls kurz nach draußen gehen, bevor wir eine Antwort geben. Noch besser: Wir können uns überlegen, ob es überhaupt eine Antwort braucht. Oft ist nach ein paar Minuten die erste Aggression schon verflogen und wir bereuen die harschen Worte, die uns in der ersten „heißen Phase“ entschlüpft sind.
Positive Emotionen stärken
Nehmen Sie sich täglich ein wenig Zeit, um Ihre positiven Emotionen zu stärken.Ob Sie sich dabei auf Ihre eigenen guten Eigenschaften konzentrieren, auf alles, was andere für Sie tun, oder entsprechende Meditationen üben bleibt Ihnen überlassen. Hilfreich ist, das Verhältnis Ihrer negativen und positiven Anteile in die von Ihnen gewünschte Richtung zu bewegen. Dann kann der eingangs erwähnte Satz bald Ihrer Vergangenheit angehören.
PS: Ich freue mich sehr, dass Sie diesen Artikel bis hierher gelesen haben. Vielen Dank Gerne können Sie einen – auch kritischen – Kommentar hinterlassen.